Gerüchte um Alpine: Teamname, Fahrer und Führung - alles im Wandel?

Alpine verpflichtet Steve Nielsen, aber nicht als Teamchef, denn Flavio Briatore behält das letzte Wort - Was bedeutet das für die Zukunft des Teams?

(Motorsport-Total.com) - Zwei Monate nach dem Rücktritt von Oliver Oakes hat Alpine wieder so etwas wie einen Teamchef. Denn am Freitagmorgen in Silverstone hat der französische Rennstall die Verpflichtung von Steve Nielsen als Managing Director bekannt gegeben. Der 61-Jährige wird am 1. September seinen ersten Arbeitstag in der neuen Rolle haben, also am Montag vor dem Grand Prix von Italien in Monza.

Titel-Bild zur News: Steve Nielsen und Flavio Briatore

Steve Nielsen und Flavio Briatore kennen einander schon seit vielen Jahren Zoom

Interessant am Titel ist übrigens: War Oakes noch klassischer "Teamchef", so wurde Nielsen "nur" als "Managing Director" engagiert. In der Alpine-Presseaussendung wird sein Aufgabenbereich wörtlich so beschrieben: "Unter der Leitung von Flavio Briatore wird Nielsen die tägliche Leitung des Teams in Enstone übernehmen."

Heißt: Nielsen kümmert sich um das operative Tagesgeschäft in Enstone, aber der eigentliche Chef, der alle großen Entscheidungen trifft, bleibt Briatore. Wenn es jedoch darum geht, die Interessen von Alpine etwa in den Gremien der Formel 1 zu vertreten, dann wird Briatore in Zukunft vermutlich Nielsen briefen und entsenden.

Steve Nielsen: Was er bisher so gemacht hat

Der ist mit den politischen Zusammenhängen in der Formel 1 bestens vertraut. Im August 2017 übernahm er, angeheuert von Ross Brawn, die Rolle des Sportdirektors in der Formel 1, auf der Payroll von Rechteinhaber Liberty Media. 2023 wechselte er dann die Fronten und heuerte bei der FIA als Sportdirektor an - nur um schon 2024 wieder zur Formel 1 zurückzukehren.

Nach dem Positionswechsel stand der Verdacht im Raum, Nielsen habe eine Rolle dabei gespielt, als ein anonymer Whistleblower Vorwürfe gegen FIA-Präsident Mohammed bin Sulayem erhoben hat. Weswegen der Engländer bis heute bei der FIA einen schwierigen Ruf genießt. Vielleicht wurde er auch deswegen als Managing Director und nicht als Teamchef benannt.

Nielsen gilt als "Weltenbummler" der Formel 1, hat schon für Teams wie Lotus, Tyrrell, Benetton, Honda, Arrows, Renault, Caterham, Toro Rosso und Williams gearbeitet. Ehe er sich vorübergehend auf "die andere Seite" schlug und für die Formel 1 als Organisation und die FIA tätig war. Jetzt kehrt er also wieder nach Enstone zurück, wo er 2005/06, als das Team mit Fernando Alonso Weltmeister wurde, Sportdirektor war.

Nielsen ist übrigens nicht der einzige Neuzugang bei Alpine. In Silverstone hat das Team auch bestätigt, dass Kris Midgley (zuletzt bei Ferrari) die Leitung der Aero-Entwicklung übernehmen wird, und Guy Martin als Global Marketing Director kommt. Martin war zuletzt bei Kreditkartenanbieter Visa unter anderem für die Zusammenarbeit mit den Racing Bulls zuständig.

Fragezeichen: Wie geht es weiter?

Wie es mit dem Alpine-Programm in der Formel 1 weitergeht, steht indes in den Sternen. Seit dem überraschenden Rücktritt von Luca de Meo als CEO des Konzerns berichtet Briatore nicht mehr als dessen Sonderberater an de Meo, sondern direkt an Renault-Präsident Jean-Dominique Senard. Wie der in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten zum Motorsport steht, entzieht sich unserer Kenntnis.

In der Branche kursieren indes wilde Gerüchte. Das Fachmagazin auto motor und sport hat zuletzt berichtet, dass sogar eine Umbenennung des Formel-1-Teams von Alpine zurück in Renault zur Diskussion steht. Was insofern Sinn ergeben würde, als Renault als Volumenhersteller das Massenpotenzial der Plattform Formel 1 wahrscheinlich besser nutzen könnte als eine Nischenmarke wie Alpine.


Auch in Sachen Fahrerbesetzung gibt es Fragezeichen. Die fünf Rennen, die Franco Colapinto ursprünglich zugesichert wurden, sind vorbei. Trotzdem sitzt er auch in Silverstone im zweiten Cockpit. Womöglich kein Zufall, denn erst am Donnerstag hat Alpine mit dem Telekommunikationsunternehmen Claro Argentinien offiziell eine neue Partnerschaft bestätigt.

Wer nach Colapinto kommen könnte, sollte der 22-Jährige weiterhin nicht überzeugen, ist Gegenstand von Spekulationen. Valtteri Bottas werden Chancen eingeräumt, nach der Sommerpause im Alpine zu sitzen. Auch Mick Schumacher wird - vor allem in deutschsprachigen Medien - immer wieder als möglicher Kandidat genannt. Er fährt in der Langstrecken-WM (WEC) ohnehin schon für Alpine.

Wie Gasly die Chancen 2025 einschätzt

In der Konstrukteurs-WM liegt Alpine nach elf von 24 Grands Prix an letzter Stelle, mit gerade mal elf Punkten. Der Vorletzte (Sauber) hat 26 Punkte. Und Pierre Gasly schätzt die Perspektiven für die zweite Saisonhälfte realistisch ein, wenn er sagt: "Es ist natürlich nicht schön zu wissen, dass ich nicht weiß, wie oft wir überhaupt die Chance bekommen werden, Punkte zu holen."

"Was ich aber weiß, ist, dass die Arbeit fürs nächste Jahr, so wie ich sie in der Fabrik sehe, gut aussieht. Ich kann es kaum erwarten, das Auto auf der Strecke zu sehen. Aber im Moment müssen wir kurzfristig einfach so hart kämpfen wie möglich. Werden wir realistisch gesehen um Punkte kämpfen? Ja. Ist das machbar? Manche sagen nein, andere sagen ja."

"Vergangenes Jahr wurden wir schon lange vor Saisonende abgeschrieben - und dann haben wir es noch drehen können. Wenn du meine ehrliche Meinung willst: Dieses Jahr ist ein bisschen anders. Letztes Jahr wusste ich gegen Saisonende, dass ich ein Auto hatte, mit dem ich rein von der Pace her um Punkte kämpfen konnte. Im Moment sind wir davon weit entfernt."

"Wir sind langsamer als die Autos, mit denen wir eigentlich kämpfen wollen. Also werden wir ein bisschen Hilfe brauchen. Aber es ist Racing, da kann alles passieren. An diesem Wochenende könnte es regnen, und in den nächsten fünf Monaten kann viel passieren. Aber auf dem Papier sieht es schwierig aus, diese Lücke zu schließen", räumt Gasly ein.

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